Essstörungen

Was ist eine Essstörung?

Essstörungen sind psychosomatische Erkrankungen mit einem hohen Suchtcharakter. Zu beobachten ist meist ein auffälliges, ungewöhnliches Essverhalten sowie eine ständige gedankliche Beschäftigung mit Essen, Gewicht und Körperbild. Die von Essstörungen betroffenen Menschen leiden meist unter einer extremen Angst vor einer Gewichtszunahme sowie starken Schuld- und Schamgefühlen. Ein Verlust eines natürlichen Hunger- und Sättigungsgefühls tritt häufig als Folge auf.

 

Essstörungen sind der Versuch einer Lösung. In belasteten Lebenssituationen können sie als Bewältigungsstrategie dienen, um mit herausfordernden Emotionen umzugehen.

Eine Vielzahl von Faktoren spielen bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Essstörung eine wichtige Rolle. Persönlichkeitsmerkmale, genetische, gesellschaftliche und familiäre Bedingungen haben einen Einfluss.

 

Essstörungen können in allen sozialen Zusammenhängen auftreten unabhängig von Alter und Geschlecht. Besonders sind Mädchen, Frauen, nicht-binäre und trans Personen von Essstörungen betroffen. Dies lässt auch auf den Zusammenhang zu strukturellen Lebensbedingungen schließen. So können unter anderem ein einseitiges Schönheits- und Schlankheitsideal und überfordernde Leistungsideale den Nährboden für die Entwicklung einer Essstörung bieten. Gleichzeitig treten auch immer mehr Männer im Bereich der Essstörungen in Erscheinung. Auch bei ihnen zeigt sich der Einfluss gesellschaftlicher Erwartungen und Rollenbilder.

 

Die häufigsten Grundformen von Essstörungen sind: Anorexie (Magersucht), Bulimie (Ess-Brech-Sucht), und Binge-Eating-Störung (Esssucht). Die Erscheinungsbilder lassen sich nicht immer eindeutig voneinander abgrenzen. Übergänge kommen häufig vor und können fließend sein.

 

Im Zusammenhang mit Essstörungen wird auch häufig Adipositas genannt. Adipositas bezeichnet ein chronisches Hochgewicht und ist keine Essstörungserkrankung.
Es kann als Folge von Emotionsregulation durch essgestörtes Verhalten auftreten.

ARTEN VON ESSSTÖRUNGEN

Menschen mit Anorexie essen über einen längeren Zeitraum nur sehr reduzierte Mengen ausgewählter Lebensmittel. Eine sichbare Folge kann ein starker Gewichtsverlust sein. Damit einher gehen häufig sozialer Rückzug, gesteigertes Leistungsstreben und eine Fixierung auf sehr eingeengte Gedanken- und Themenkreise. Die häufigen Folgeerscheinungen der Mangelernährung wie Müdigkeit, ständiges Frieren, Erschöpfungszustände und quälende Hungergefühle werden ausgehalten. Häufig werden im Zusammenhang Begriffe wie Orthorexie, ARFID und Bigorexie verwendet. 

 

Mögliche weitere Merkmale: 

 

  • selbst herbeigeführtes Untergewicht, bis hin zur Lebensbedrohlichkeit
  • stark reglementiertes Essverhalten
  • übermäßige Bewegung
  • starker Kontrollwunsch
  • der eigene Körper wird verzerrt wahrgenommen, oft mit dem Gefühl, zu viel zu sein
  • ein hoher Anspruch in allen Lebensbereichen perfekte Leistungen erbringen zu wollen
  • Ausbleiben der Monatsblutung
  • Potenzstörungen und Libidoverlust

Menschen mit Bulimie haben über einen längeren Zeitraum immer wieder Essanfälle. Sie nehmen große Mengen an Nahrung zu sich, ohne dieses Verhalten willentlich stoppen zu können. Im Anschluss kommt es zu gegenregulierenden Maßnahmen wie beispielsweise Erbrechen, dem Gebruach von abführenden Mitteln oder starker körperlicher Bewegung. Die Bulimie wird oft begleitet von intensiven Scham- und Schuldgefühlen. Die Symptomatik findet häufig heimlich statt.

 

Mögliche weitere Merkmale :

 

  • Mindestens ein Essanfall mit Kompensation in der Woche über einen Zeitraum von über drei Monaten
  • innerhalb kurzer Zeit werden schnell, große Mengen Nahrung aufgenommen
  • während der Essanfälle besteht häufig das Gefühl, dem Drang ausgelifert zu sein und die Kontrolle zu verlieren

Eine Binge-Eating-Störung ist durch regelmäßig auftretende Essanfälle gekennzeichnet. Das kann zu einer Gewichtszunahme bis hin zu Adipositas führen. In symptomfreien Phasen kann das Essverhalten auffällig sein und gekennzeichnet von strengen Diäten und Fastenzeiten. 

 

Mögliche weitere Merkmale:

 

  • mindestens ein Essanfall in der Woche über einen Zeitraum von über drei Monaten
  • Essanfälle sind gekennzeichnet durch eine sehr große Nahrungsaufnahme innerhalb kurzer Zeit, häufig bis an die Schmerzgrenze heran
  • Essanfälle treten unabhängig von Hungergefühlen auf 
  • statt Essanfällen kann auch ein dauerhaftes Essen auftreten (Grazing)
  • starkes Gefühl von Kontrollverlust über die Essanfälle
  • auffälliges Verhalten passiert meist im Verborgenen und ist mit starken Scham- und Schuldgefühlen verbunden

Tests für betroffene und Angehörige

Wenn Sie bei sich eine Essstörung vermuten, beantworten Sie für sich die folgenden Fragen: 

 

  1. Drehen sich Ihre Gedanken häufig um Essen, Nichtessen, Figur, Gewicht?
  2. Fühlen Sie sich häufig unwohl mit Ihrem Körper und Gewicht?
  3. Haben Sie Gefühle, die für Sie schwer auszuhalten sind und antworten Sie darauf mit Essen bzw. Nichtessen?
  4. Machen sich Menschen in Ihrem Umfeld Sorgen um Sie und Ihr Essverhalten?
  5. Haben Sie große Angst zuzunehmen und zu dick zu werden?
  6. Haben Sie Essanfälle?
  7. Essen Sie manchmal heimlich?
  8. Ergreifen Sie Maßnahmen, um nicht zuzunehmen, wie z.B.: Kalorienzählen, Diäten, Erbrechen, exzessiver Sport, Abführmittel?
  9. Bemerken Sie körperliche Folgeerscheinungen, wie z.B.: Müdigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Haarausfall, Zahnschäden, ständiges Sodbrennen?
  10. Sind Sie stark über- oder untergewichtig?

 

Sie haben zwei Fragen mit ja beantwortet:

 

Es ist möglich, dass Sie an einer Essstörung leiden oder Gefahr laufen, eine Essstörung zu entwickeln. Essstörungen sind schwerwiegende, potentiell lebensbedrohliche Erkrankungen. Nehmen Sie die Symptome ernst! Wenden Sie sich an uns oder an Ihre HausärztIn, um sich über Essstörungen zu informieren und medizinische Folgeschäden zu vermeiden.

 

Sie haben mehr als zwei Fragen mit ja beantwortet:

 

Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Sie an einer Essstörung leiden. Nehmen Sie die Symptome ernst, holen Sie sich Unterstützung! Wenden Sie sich gerne an uns.

 

Fühlen Sie sich angesprochen? Konnten Sie einige der Fragen mit ja beantworten?

 

Wünschen Sie sich eine Einschätzung der Situation durch uns oder mögen Sie über Ihre aktuellen Sorgen sprechen, dann holen Sie sich gerne kostenfrei und vertraulich Unterstützung bei uns im Fachzentrum.

Wenn Sie bei jemandem eine Essstörung vermuten, beantworten Sie für sich folgende Fragen:

 

  1. Haben Sie den Eindruck, die gemeinsamen Gespräche drehen sich häufig um die Themen „Essen, Figur und Gewicht“?
  2. Denken Sie, dass sich die Person in Ihrem Umfeld über ein normales Maß hinaus mit Essen beschäftigt?
  3. Nehmen Sie wahr, dass gemeinsame Mahlzeiten verstärkt gemieden werden oder aber dass nach dem Essen ein schneller Rückzug stattfindet?
  4. Konnten Sie feststellen, dass die- oder derjenige innerhalb kürzester Zeit extrem zugenommen oder an Gewicht verloren hat?
  5. Leidet die betroffene Person häufig unter Stimmungsschwankungen, wertet sich ab, ist kritisch mit sich selbst und kommt darüber schwer ins Gespräch?
  6. Haben Sie häufiger bemerkt, dass Lebensmittel aus Ihrem Haushalt verschwinden?
  7. Beobachten Sie, dass sich die- oder derjenige zunehmend aus sozialen Kontakten zurückzieht?
  8. Machen Sie sich Sorgen, dass diejenige oder derjenige zu viel Sport treibt?
  9. Sind Sie häufiger als sonst in Streit und Diskussionen verstrickt?
  10. Werden Sie angesprochen auf das Verhalten oder Aussehen der betroffenen Person? Gibt es andere, die sich Sorgen machen?

 

Fühlen Sie sich angesprochen? Konnten Sie einige der Fragen mit ja beantworten?

 

Wünschen Sie sich eine Einschätzung der Situation durch uns oder mögen Sie über Ihre aktuellen Sorgen sprechen, dann holen Sie sich gerne kostenfrei und vertraulich Unterstützung bei uns im Fachzentrum.